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Tammo Ganders, Geschäftsführer des Zentrums für Innovationsforschung und Business-Development, über Innovation als Schlüssel zum Erfolg und warum sich viele Unternehmen so schwer tun – Ein Experteninterview von unserem Partner IMEC
Ganz klar: Ja. Ohne Innovationen werden Unternehmen langfristig nicht überleben. Dies zeigt auch deutlich eine Analyse des S&P 500 Index, aus der eine extreme Verkürzung der Verweildauer gelisteter Unternehmen hervor geht. Waren es 1960 noch durchschnittlich circa 60 Jahre, die ein Unternehmen vertreten war, sind es heute nur noch circa 18 Jahre. Die Ablösung alter Unternehmen durch neue, stark wachsende Startups nimmt kontinuierlich zu.
War Innovation schon immer ein zentrales Thema für den Erfolg von Unternehmen, so hat es in den letzten 10 Jahren stetig an Bedeutung gewonnen und steht nun auf jeder CEO-Agenda. Die aktuelle Flut von Begriffen wie Disruption, Digitalisierung und Transformation hängen alle unmittelbar mit den Innovationserfordernissen von Unternehmen zusammen und zeigen dessen Relevanz. Treiber dieser Entwicklung sind u. a. Unternehmen wie Uber, airbnb und Google, die ehemaligen Marktführern deutlich machen, dass ihre Geschäftsmodelle ein Ablaufdatum besitzen. Nie war es daher wichtiger für Unternehmen, ihre bestehenden Geschäftsmodelle nicht nur zu optimieren, sondern auch gezielt zu hinterfragen, um durch radikale Innovationen den eigenen Unternehmenswert nachhaltig zu steigern bzw. auch noch morgen am Markt zu existieren. Und nie war die dafür zur Verfügung stehende Zeit so kurz wie heute.
Die Sichtweise auf Innovation und deren Entwicklung hat sich stark verändert. Unternehmen haben erkannt, dass sie ihre Ideen nicht mehr für sich alleine „im stillen Kämmerlein“ entwickeln können, sondern ihre Innovationsprozesse öffnen müssen. Entwicklungen wie Open Innovation, die eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Forschungspartnern forcieren, oder Co-Creation, das eine durchgängige Integration der Kunden in den Innovationsprozess vorsieht, machen dies deutlich. Jüngst ist auch eine vermehrte Zusammenarbeit mit Startups festzustellen, um von deren Agilität, Ideen und Vorgehensweisen zu profitieren.
Es zeigt sich deutlich, dass insbesondere große Unternehmen Schwierigkeiten haben, radikal zu innovieren. Das klassische Innovationsmanagement bringt in der Regel nur inkrementelle Innovationen oder me-too-Produkte hervor. Erforderlich sind aber große Sprünge, also neue Business Modelle oder disruptive Innovationen, die gänzlich neue Märkte schaffen oder bestehende radikal verändern. Und dies ist genau der Grund dafür, dass das Thema Corporate Entrepreneurship an Bedeutung gewonnen hat. Die zentrale Frage lautet, wie etablierte Unternehmen wieder mehr „wie Start-Ups“ innovieren können, d. h. schnell, agil, risikoarm und erfolgreich neue Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Es stimmt: Egal ob Innovationen in Unternehmen oder Start-Ups: Ihre Erfolgsquoten sind in etwa gleich schlecht. Doch ungleich ist hingegen in der Regel der Innovationsgrad. Start-Ups müssen, um erfolgreich zu sein, radikalere Ansätze wagen, um sich im Erfolgsfall gegenüber etablierten Produkten und Dienstleistungen behaupten zu können.
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Wenn man dies klar beantworten könnte, dann hätten wir eine der zentralen wirtschaftlichen Herausforderungen gelöst. Dass es keine Patent-Antwort für Innovationserfolg gibt, bedeutet jedoch nicht, dass man die Quote nicht verbessern kann. Die Forschung hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Erfolgsfaktoren identifiziert. Zuerst sei hier eine starke Innovationskultur genannt, die Unternehmen entwickeln müssen. Leider geht dies nicht von heute auf morgen, sondern erfordert eine langfristige Neuausrichtung des Unternehmens, seiner Vision, seiner Werte und der verankerten Leadership-Strukturen. Zweitens sind organisatorische Veränderungen notwendig, die eine Öffnung der Organisationen gegenüber dem Markt forcieren. Dabei hat sich eine Abgrenzung der Innovationseinheiten von den ausführenden Organen bewährt. Drittens stellt sich im prozessualen Umfeld ein Umdenken heraus. Man hat erkannt, dass Innovationen nicht linearen Prozessen folgen, da ihr Ausgang ungewiss ist und ihre Entwicklung Flexibilität erfordert. Lineare Stage-Gate-Prozesse werden somit vermehrt durch iterative Ansätze, wie Design Thinking oder Lean Startup, abgelöst. Diese neueren Ansätze erlauben ein Hin-und Herspringen zwischen einzelnen Phasen, gehen agil, schnell und kundenorientiert vor und sind durch ihre Flexibilität risikoärmer und erfolgreicher.
Bereits unser Bildungssystem lehrt uns, Regeln zu befolgen, in bestimmten Normen zu denken und zu handeln, Dinge als gegeben hinzunehmen und möglichst effizient und effektiv vorgegebene Ziele zu erreichen. Daher fällt es uns schwer, das Bestehende und in der Vergangenheit Erfolgreiche zu hinterfragen. Unternehmer müssen aber genau das machen. Sie lösen Probleme, die andere als gegeben hinnehmen. Sie sind risikobereit, hoch innovativ, intrinsisch motiviert, offen, netzwerkorientiert, immer beobachtend, erforschend und Regeln brechend. Diese Fähigkeiten sind absolut erfolgskritisch und müssen im Rahmen von Management-Ausbildungen mehr Gewicht finden.
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